Eventuell gegen Vorsätze verstoßen.

Ein großer Pluspunkt der Lesung in der letzten Woche war die anschließende Gesprächsrunde. Auch weil dort Fragen aufgeworfen wurden, die mich schon länger beschäftigen. Um diese auf eine Aussage herunterzubrechen:

Genügt es, einfach einen Roman auf Facebook zu übertragen?

Die Antwort ist natürlich Nein. Und das war sie auch von Beginn an. Von Beginn an haben mich zwei Punkte interessiert: Wie sieht ein komplettes Leben aufgeschrieben in der Oberfläche von Facebook aus? Wie erzählt sich eine Geschichte in unchronlogischer Form?

Was mich nicht interessiert hat:

– Authentizität. Es ging nicht darum vorzugeben, Henry Sy wäre eine tatsächlich existierte Figur. Deshalb auch die Rubrik „Fiktiver Charakter“, deshalb auch keine Versuche, mit vermeintlich „echten“ Einwürfen ein solches Bild zu erzeugen. Die Methoden sollten offenliegen, das Konzept als solches erkennbar sein. Die Spannung sollte allein über die Geschichte selbst entstehen.

– Eine sogenannte Transmedialität. Also Henrys Leben in möglichst vielen Medienteilen wie beispielsweise verwackelten Handyvideos und Chatprotokollen erzählen.

– Eine Schnitzeljagd. Henrys Geschichte sollte leicht zugänglich in der Facebookzeitleiste zu finden sein. Also keine Fakewebseiten. Keine Geheimbotschaften, die entschlüsselt werden müssen, um auf den nächsten Teil der Geschichte Zugriff zu haben.

– Interaktivtät. Naja, eigentlich natürlich schon. Aber eben nicht in dem Umfang, dass alle gemeinsam gleichberechtigt die Geschichte schreiben. Zumindest eine übergeordnete Instanz sollte ein letztes Wort haben. In diesem Fall: ich.

– Facebooksprache. Henrys Leben soll sich nicht in zweizeiligen Statusmeldungen erzählen. Es sollen keine Smileys oder ❤ auftauchen.

Vielmehr wollte ich herausfinden, wie sich eine anders als sonst in Facebook (bzw. im Internet) verwendete Sprache dort einfügt. Ob der Leser bereit ist, sich darauf einzulassen. Auch in diesem Umfang.

Bis hierhin ist das auch soweit im Plan. Nur kommt dann eben die Frage von letzter Woche ins Spiel: Genügt es, einfach einen Roman auf Facebook zu übertragen? Denn unchronologisches Erzählen ist natürlich nicht nur auf Facebook möglich.

Deshalb habe ich gerade das Gefühl, ich wäre am Ende eines Levels angekommen. Hat sich gut gespielt, auch wenn der Highscore sicher nicht erreicht ist. Aber jetzt muss die nächste Stufe kommen. Ansonsten mache ich bis zum Ende nur noch Dienst nach Vorschrift. Ansonsten würde ich viel von dem verschenken, was möglich wäre. Das Wort „Treibstoffpotential“ habe ich gestern auf einem Symposium gehört. Mehr tun. Gegen die ursprünglichen Beschränkungen verstoßen, ohne den Kern zu verraten.

Nur, wie?

Ideen waren vorhanden. Auch von Anfang an. Eine der ersten war die Einmischung einer der Nebenfiguren, die Henrys Texte in Frage stellt. Allerdings sollte dies später geschehen und nicht schon Anfang November. Mittwoch dann Auftritt von Rottmann, eben weil es weitergehen soll. Anders weitergehen. Die nächsten Tage und Wochen will ich weniger ellenlange Texte schreiben. Sondern das Andere vorbereiten und ausprobieren.

Ich hoffe, es wird sich einfügen, ohne die ursprünglichen Absichten komplett ins Gegenteil zu verkehren.